Ratgeber
Digitalisierung & Vertrieb
Digitalisierung im Immobilienvertrieb für Bauträger (DACH) -- Stand 2025
Relevanz der Digitalisierung für Bauträger im Jahr 2025
Die digitale Transformation bleibt für Bauträger und Immobilienentwickler im DACH-Raum auch 2025 ein zentrales Thema. Eine aktuelle Branchenumfrage zeigt, dass 77 % der Immobilienunternehmen selbst nach dem Krisenjahr 2022 keinen Relevanzverlust der Digitalisierung feststellen konnten[1]. Im Gegenteil planen über 90 % der Unternehmen, ihre Investitionen in digitale Technologien auf gleichem Niveau zu halten oder sogar auszubauen[2]. Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Branche die Bedeutung digitaler Lösungen erkannt hat.
Parallel dazu hat sich das Käuferverhalten in den letzten Jahren spürbar verändert. Sieben von zehn Immobiliensuchenden nutzen bei der Wohnungssuche heute das Internet -- meist große Immobilienportale -- als primäre Informationsquelle[3]. Damit einher geht eine steigende Erwartungshaltung an die digitale Präsentation von Neubauprojekten: Über zwei Drittel der Interessenten legen Wert auf 360°-Fotos im Exposé, und 58 % möchten die Möglichkeit einer virtuellen Besichtigung nutzen[4]. Sogar vier von zehn Befragten halten es für denkbar, eine Immobilie ausschließlich auf Basis einer Online-Besichtigung zu kaufen oder zu mieten[5]. Diese Trends unterstreichen, wie wichtig hochwertige Visualisierungen, interaktive 3D-Rundgänge und umfassende digitale Exposés für den Vertrieb von Neubauprojekten geworden sind.
Verbreitung digitaler Tools im Neubau-Vertrieb
Im Vertriebsprozess von Bauträgern kommen zunehmend digitale Werkzeuge zum Einsatz. Eine aktuelle Umfrage unter 350 deutschen Immobilienmaklern (die oft im Auftrag von Bauträgern vermarkten) belegt, dass 79 % der Marketing-Budgets inzwischen in digitale Kanäle fließen (gegenüber nur 21 % in Offline-Maßnahmen)[6]. Immobilienportale wie ImmoScout24 gehören mit einer Nutzungsquote von 96 % mittlerweile zur Standardstrategie und haben erstmals das traditionelle persönliche Netzwerk (90 %) als wichtigstes Akquisemittel überholt[7]. Parallel gewinnen Social Media und E-Mail-Marketing an Bedeutung -- die Ausgaben dafür stiegen binnen eines Jahres um 6 bzw. 14 Prozentpunkte[8]. Im Durchschnitt setzen Vermittler heute mehr als drei Online-Kanäle parallel ein, um Reichweite und Sichtbarkeit für neue Bauprojekte zu maximieren[8].
Auch CRM-Systeme (Customer-Relationship-Management) und spezialisierte PropTech-Lösungen sind im Vertrieb angekommen. Bereits jedes zweite Makler- oder Vertriebsteam nutzt eine CRM-Software, um Interessenten effizient zu betreuen und den Verkaufsprozess zu steuern[9]. Moderne PropTech-Plattformen ermöglichen zudem automatisierte Exposé-Erstellungen, digitale Reservierungsprozesse und Online-Terminbuchungen. Besonders im Wohnimmobilienbereich ist das Angebot an digitalen Vertriebslösungen breit: Laut der PropTech Germany Studie 2024 können im Segment Wohnen bereits rund 83 % der Anforderungen in Vermarktung, Vermietung & Verkauf durch PropTech-Angebote abgedeckt werden[10]. In gewerblichen Immobiliensegmenten ist die Durchdringung noch geringer -- hier wird der Vertrieb (B2B) bisher deutlich weniger digital über Plattformen abgewickelt als im B2C-Wohnbereich[11]. Dies zeigt einerseits, wie weit die Digitalisierung im klassischen Wohnungsverkauf fortgeschritten ist, und andererseits, dass im Vertrieb von Gewerbe- und Spezialimmobilien noch Nachholbedarf und Potenzial für neue Tools besteht.
Vorteile digitalisierter Vertriebsprozesse für Bauträger
Die Nutzung digitaler Vertriebsprozesse bietet Bauträgern zahlreiche Vorteile entlang der Vermarktungskette:
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Höhere Effizienz und Zeitersparnis: Digitale Workflows und Automatisierungen können manuelle Arbeitsschritte reduzieren. Unternehmen berichten, dass durch den Einsatz digitaler Prozesse die Bearbeitungszeiten um durchschnittlich 40 % gesenkt wurden[12]. Standardisierte CRM-Prozesse und automatisierte Exposés verschaffen den Vertriebsmitarbeitern Freiräume für wichtigere Aufgaben, insbesondere die persönliche Betreuung von Kaufinteressenten[9]. PropTech-Experten betonen: „Erfolgreiche Makler setzen auf digitale Effizienz, um mehr Zeit für das Wesentliche zu haben -- Kunden, Beziehungen, Abschlüsse"[9].
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Größere Reichweite und gezieltes Marketing: Online-Inserate und digitale Plattformen ermöglichen es Bauträgern, deutlich mehr Interessenten über regionale Grenzen hinaus anzusprechen. Bitkom unterstreicht, dass Anbieter ihre Objekte über Online-Portale besonders effizient vermarkten können und mithilfe von Fotos, Videos oder Simulationen sehr gezielt die passenden Käufer ansprechen[13]. Durch den parallelen Einsatz mehrerer Online-Kanäle (Portale, Social Media, E-Mail etc.) lässt sich die Sichtbarkeit neuer Bauprojekte maximieren, was in höherer Lead-Generierung resultiert[8]. Tatsächlich entstehen heute die meisten Erstkontakte über digitale Kanäle, was die Lead-Pipeline von Bauträgern füllt.
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Verbesserte Qualität der Kundenansprache: Digitale Tools ermöglichen eine professionellere Präsentation der Immobilien (hochwertige Visualisierungen, interaktive Grundrisse, virtuelle Touren) und eine personalisierte Ansprache der Interessenten. Rund 65 % der potenziellen Käufer erwarten 360°-Ansichten im Online-Exposé, und über die Hälfte schätzt virtuelle Besichtigungen[4]. Indem Bauträger diesen Erwartungen gerecht werden, erhöhen sie die Zufriedenheit der Kunden bereits im Vermarktungsprozess. Einige Interessenten sind inzwischen sogar bereit, allein auf Basis dieser digitalen Eindrücke eine Kaufentscheidung zu treffen[5] -- ein Beleg dafür, wie überzeugend die digitale Vermarktung wirken kann.
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Höhere Transparenz und bessere Datenbasis: Durch den Einsatz von CRM-Systemen und Analytics-Tools gewinnen Bauträger wertvolle Einblicke in das Verhalten und die Präferenzen ihrer Kunden. Daten über Klickzahlen, Anfragen und Konversionsraten lassen sich in Echtzeit auswerten. Dies ermöglicht ein zielgerichtetes Nachfassen bei Interessenten sowie eine fortlaufende Optimierung der Marketingstrategie. Außerdem erleichtern digitale Reporting-Lösungen die Erfüllung neuer Dokumentations- und Nachweispflichten -- 96 % der Immobilienunternehmen sehen hier großes Unterstützungspotenzial der Digitalisierung[14][15]. Insgesamt stärken digitale Prozesse somit die Kontrolle über den Vertriebsfunnel und die Entscheidungsgrundlagen für künftige Projekte.
Herausforderungen bei der digitalen Transformation im Vertrieb
Trotz der erkennbaren Vorteile gibt es zahlreiche Hemmnisse, die die digitale Transformation im Immobilienvertrieb verlangsamen:
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Datenqualität und IT-Infrastruktur: Schlechte Datenqualität, fehlende Standards und veraltete Software stellen laut Umfragen das größte Digitalisierungshindernis dar. 85 % der Immobilienunternehmen nennen unzureichende Daten und alte Systeme als wichtigste Hürde für digitalen Fortschritt[16]. Auch 2023 blieb mangelnde Datenqualität mit Abstand das drängendste Problem -- 69 % der Befragten klagen über intransparente Datenstrukturen[17]. Viele Firmen fokussieren deshalb ihre Investitionen darauf, erst die internen Systeme und Daten aufzurüsten, bevor sie neue externe Anwendungen einführen[18][19].
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Fehlende Ressourcen und Skills: Die Umsetzung digitaler Lösungen erfordert qualifiziertes Personal und finanzielle Mittel, woran es besonders mittelständischen Bauträgern oft mangelt. In der stark fragmentierten Immobilienbranche -- allein in der Schweiz gibt es rund 2000--3000 Entwicklungs- und Bewirtschaftungsunternehmen, zumeist mit weniger als 20 Mitarbeitern -- fehlen vielen Akteuren die nötigen personellen und finanziellen Ressourcen für umfangreiche Digitalisierungsprojekte[20][21]. Als Folge verzichten noch 60 % der Immobilienfirmen vollständig auf fortgeschrittene Technologien wie KI, IoT oder AR im Geschäftsalltag[22]. Nur ein Viertel der Unternehmen nutzt bisher Verfahren wie Predictive Analytics, und 39 % haben gar keine messbaren Digitalisierungsziele definiert[22]. Diese Zahlen deuten auf Defizite in der strategischen Planung und beim Aufbau digitaler Kompetenz hin.
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Kultur und Akzeptanz: Ohne Nutzerakzeptanz ist Digitalisierung zum Scheitern verurteilt, mahnen Experten[23]. In vielen Firmen besteht eine Diskrepanz zwischen Selbstbild und Realität: Während ältere Führungskräfte den Digitalisierungsgrad ihres Unternehmens tendenziell positiver einschätzen, sehen jüngere Fachkräfte die Situation deutlich kritischer[24]. Oft fehlen eine klare Digitalstrategie und interne Kommunikation -- mehr als der Hälfte der Mitarbeiter ist nicht bekannt, ob es im Unternehmen eine Digitalstrategie gibt[25]. Diese kulturellen Barrieren führen dazu, dass digitale Tools nicht konsequent eingesetzt werden oder auf Widerstände stoßen. Zudem berichten über 50 % der Immobilienunternehmen, dass die Nutzerakzeptanz für neue Softwarelösungen in letzter Zeit schwieriger geworden ist[26]. Gründe dafür können eine Überforderung durch immer neue Tools oder unzureichende Schulung sein. Erfolgreiche digitale Transformation erfordert daher Change-Management, Weiterbildung und die Einbindung der Mitarbeiter von Anfang an[27][28].
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Angebot und Integration von Lösungen: Interessanterweise wird mittlerweile auch das fehlende passende Lösungsangebot als Hürde gesehen. Gaben 2022 nur 31 % der Immobilienunternehmen an, es fehle an geeigneten technologischen Lösungen, so sehen dies 2023 schon 56 % als Problem[29]. Dies kann darauf hindeuten, dass spezielle Anforderungen (etwa im Bereich Klimaschutz/ESG oder Reporting) noch nicht zufriedenstellend von PropTech-Anbietern abgedeckt werden. Gleichzeitig beklagen Praktiker die oft mangelnde Integration neuer Tools in bestehende Systeme: Insellösungen (z. B. einzelne Apps oder Portale) entfalten ihren Nutzen nicht voll, solange sie nicht in ERP, CRM und andere Kernsysteme nahtlos eingebunden sind[30]. Die Interoperabilität und Standardisierung bleibt somit ein entscheidender Faktor -- offene Schnittstellen und branchenweite Datenstandards könnten hier in Zukunft Abhilfe schaffen.
Marktpotenzial für PropTech-Lösungen im Immobilienvertrieb
Trotz mancher Herausforderungen wächst das Marktpotenzial für PropTech-Lösungen -- also Technologie-Startups und digitale Produkte für die Immobilienbranche -- ungebremst. In der DACH-Region sind in den letzten Jahren zahlreiche PropTech-Unternehmen entstanden, die speziell auf Vertrieb und Marketing fokussieren (etwa digitale Marktplätze, CRM-Plattformen, virtual-tour-Anbieter oder datengetriebene Pricing-Tools). Allein in der Schweiz zählte man 2024 bereits 429 aktive PropTechs im Markt[31]. Viele davon zielen darauf ab, Vertriebsprozesse zu optimieren und an veränderte Kundenbedürfnisse anzupassen. So geben 28 % der deutschen PropTech-Startups an, dass veränderte Kunden- und Nutzererwartungen spürbar Druck auf ihr Geschäftsmodell ausüben[32]. Entsprechend richten 15 % der PropTechs ihre Sales-Strategie neu aus, um diesen Anforderungen gerecht zu werden[33] -- sei es durch neue Produktfeatures, Vertriebswege oder Partnerschaften.
Auch Investoren sehen großes Potenzial im PropTech-Sektor. Weltweit flossen trotz eines herausfordernden Marktumfelds im Jahr 2024 rund 4,3 Milliarden US-Dollar an Wagnis- und Wachstumskapital in PropTech-Unternehmen, und es kam zu etwa 90 Übernahmen in diesem Bereich[34][35]. Branchenbeobachter erwarten für 2025 wieder eine Belebung der Investitionstätigkeit, da der Bedarf an digitaler Konsolidierung im Immobiliensektor weiter steigt[34][36]. Prognosen gehen davon aus, dass der globale PropTech-Markt bis 2030 ein Volumen von deutlich über 100 Mrd. USD erreichen könnte[37] -- mehr als eine Verdreifachung gegenüber heute.
Für Bauträger und Immobilienvertriebe bedeutet diese Entwicklung, dass künftig mit einer noch größeren Vielfalt an digitalen Lösungen zu rechnen ist. Von KI-gestützter Käuferanalyse über smarte Lead-Generierung bis hin zu VR-Visualisierungen neuer Objekte -- die Innovationstreiber der PropTech-Szene werden den Vertriebsalltag weiter verändern. Dabei zeigt sich bereits jetzt, dass bestimmte Bereiche (z. B. Wohnungsvertrieb) vergleichsweise gut abgedeckt sind, während andere Nischen noch Potenzial bieten. Insgesamt aber gilt: Die Digitalisierung im Immobilienvertrieb wird sich fortsetzen. Sie eröffnet Bauträgern neue Chancen, Reichweite und Effizienz zu steigern, erfordert aber ebenso die Bereitschaft, sich organisatorisch und kulturell auf den Wandel einzulassen. Die kommenden Jahre dürften zeigen, welche Marktteilnehmer die digitale Lernkurve am erfolgreichsten meistern -- und in der Gunst der digital affinen Käufer vorne liegen.
Quellen: Offizielle Branchenstudien und Umfragen (Bitkom, ZIA/EY Digitalisierungsstudien 2022--2024, Technische Hochschule Aschaffenburg/Drees & Sommer), Pressemitteilungen und Marktberichte (PwC, ImmoScout24/Proptech-Umfrage), sowie Daten aus PropTech-Studien und amtlichen Branchenanalysen.
[3][4][5][1][2][6][7][8][9][10][11][12][9][13][14][15][16][17][26][20][21][22][24][25][29][30][31][32][33][34][35][37]
[1] 2023_ZIA_EY_Real_Estate_Digitalisierungsstudie
[2] [14] [15] [17] [18] [19] [23] [26] [29] EY Digitalisierungsstudie 2023 | EY - Deutschland
https://www.ey.com/de_de/newsroom/2023/09/ey-digitalisierungs-studie-2023
[3] [4] [5] [13] Mehrheit sucht Immobilien im Netz - Makler weiter gefragt
https://www.asscompact.de/nachrichten/mehrheit-sucht-immobilien-im-netz-makler-weiter-gefragt
[6] [7] [8] [9] Immobilienmakler setzen auf digitale Kanäle statt Sparkurs | Cash.
https://www.cash-online.de/a/immobilienmakler-setzen-auf-digitale-kanaele-statt-sparkurs-702750/
[10] [11] [32] [33] proptechgermanystudie.de
https://proptechgermanystudie.de/wp-content/uploads/2024/12/PropTech-Germany-2024-Studie.pdf
[12] [20] [21] [27] [28] [30] [31] Digitalisierung in der Immobilienbewirtschaftung
https://hub.hslu.ch/immobilienblog/2025/03/31/digitalisierung-in-der-immobilienbewirtschaftung/
[16] zia-deutschland.de
[22] [24] [25] Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit
[34] [35] [36] Houlihan Lokey 2024 PropTech Year in Review
https://cdn.hl.com/pdf/2025/proptech-2024-annual-market-update-march-2025.pdf
[37] PropTech Market Size, Share, Trends | Forecast Report [2032]
https://www.fortunebusinessinsights.com/proptech-market-108634